Dienstag, 30. Juni 2009

Erasmus gesamt: Eine Zusammenfassung

Name:* Verena Wörner
Universität: Universidad Autónoma de Madrid
Email:* verena_woerner(at)yahoo.de
Land: Spanien
Zeitraum: 28.03.-20.07.2009
Programm: Erasmus via IO
Fächer: Medizin
Datum: 01. Juli 2009

LLP/E R F A H R U N G S – B E R I C H T (ausformulierte Version)

1. Vorbereitungen

Neben der Bewerbung für Erasmus habe ich mich für ein (im PJ und im ersten Assistenzarztjahr kostenloses) Versicherungspaket von MLP entschieden um hinsichtlich Auslandskrankenversicherung, Unfall- und Berufhaftpflichtversicherung abgesichert zu sein. Zur finanziellen Unterstützung habe ich einige Monate vor meinem Tertial in Spanien Auslandsbafög beantragt.
Am 28.März 2009 begab ich mich mit dem Flugzeug auf den Weg nach Madrid um dort das Chirurgietertial meines Praktischen Jahres zu absolvieren. Die Erasmus- Kooperation war mit der „Universidad Autónoma da Madrid“, Facultad de Medicina, ich wurde im Krankenhaus „Hospital Universitario Puerta de Hierro- Majadahonda“ eingeteilt. (Tipp zum Flug von Frankfurt nach Madrid: Es gibt sehr günstige Angebote bei www.lan.com, ab 70 € Hin- und Rückflug, ich kann diese Fluggesellschaft nur empfehlen, da sie sehr sicher scheint und komfortabel ist.)

2. Wohnsituation und –tipps

Da das Krankenhaus außerhalb von Madrid liegt habe ich mir in dem Vorort Majadahonda über die Homepage von www.idealista.com ein Zimmer gesucht. Die Webseite ist relativ einfach aufgebaute und nach Regionen übersichtlich eingeteilt.
Da meine Wohnung und Mitbewohnerin zwar toll sind aber die Wohnung nicht ganz nah am Krankenhaus (20 Min. im Bus, wenn man zur richtigen Zeit fährt) und Madrid (20 Min. in Bus oder Bahn) liegt, empfehle ich Studenten, die etwas besser in das studentische Leben integriert werden möchten eine Wohnmöglichkeit in Moncloa/ Madrid zu suchen: Von Moncloa gibt es ebenfalls Direktbusse zum Krankenhaus (Nr. 655 oder 653), die Fahrkarte kostet den gleichen Betrag (Monatskarte: Abono mensual de Transporte ca. 60€ für Metro, Autobús, Cercanías von Zone A- B2) und es liegt näher an der Universität und der Innenstadt Madrids und angebotene Kurse in der Universität könnten so besser genutzt werden und es ist leichter Kontakt zu anderen Studenten herzustellen.

3. Erste Wochen, Formalitäten wie Einschreibung, Behördengänge etc.

Um von Majadahonda aus das Erasmusbüro auf dem Campus Cantoblando zu erreichen musste ich Nahverkehrszüge (Cercanias) nach Chamartín nehmen, dort umsteigen und weiter mit Cercanias zur Haltestelle „Cantoblanco Universidad“ fahren. Das Büro Im Rectorado ist leicht zu finden, und liegt im 2. Entreplano- „Oficina de Relaciones Internacionales“ (ORI), Öffnungszeiten Mo-Fr., 8-14h.
Ich musste eine Unterschrift für meine Krankenversicherung geben, mir wurde einiges erklärt, geduldig und freundlich Fragen beantwortet, außerdem wurden mein Reisepass und meine Versicherungskarte kopiert. Ich bekam einen Ordner über die Organisation und ein schönes T-Shirt von der Universität.
Mit dem Autobús 714 fuhr ich nach „Begoña“ (auch Metrostation vorhanden aus der Innenstadt kommend), nach einem Fußweg von ca. 5 Minuten kam ich im „Decanato“ im Büro ORI- Medicina an (Öffnungszeiten: Mo- Fr. 9.30- 13:45) das auf dem „Campus de Medicina“ liegt. Dort musste ich nochmals für meine Ankunft und Teilnahme am Programm unterschreiben, gab meine Adresse in Spanien vor Ort durch und bekam einen Bewerbungsbrief für das Krankenhaus. Über den Praktikumsablauf wurde mir nichts mitgeteilt, auch nicht auf Nachfrage, außerdem konnte mir auch kein Ansprechpartner im Krankenhaus genannt werden.

Krankenhaus
Von dem ORI bekam ich einen Briefumschlag adressiert an den Leiter der Chirurgie „Jefe del Servicio de Cirugía“. Da mir kein Name und keine Person mitgeteilt wurden, an die ich mich wenden konnte begab ich mich nachmittags auf die Suche nach dem so genannten Chef der Chirurgie.
Am Empfang des Krankenhauses war man ebenfalls ratlos, da es dort mehrere chirurgische Abteilungen gibt, die jeweils einen Chef haben. Nach einer circa 30- minütigen Suche und Nachfrage an verschiedenen Stellen auf Grund der enormen Ausbreitung des neuen Krankenhauses traf ich per Zufall eine nette Angestellte, die mir mitteilte, dass der Chef der Allgemeinchirurgie morgen ab 8h im Haus sei, wie ebenfalls seine Sekretärin, an die ich mich wenden könne.

Am nächsten Morgen klopfte ich am Büro der Sekretärin, die mich auch nur ratlos weiterschicken konnte. Per Zufall habe ich dann doch noch einen Chirurgen getroffen und saß um 8:30h in der Besprechung des Bereiches „Cirugía General y Dígestiva“ (Allgemein- und Abdominalchirurgie) und wurde freundlich begrüßt.
Die Arbeitszeiten seien 8- 15h mit nachfolgendem Mittagessen, ich könne jederzeit länger bleiben und an Kursen teilnehmen.
Ich konnte selbst entscheiden, wo ich mich genau aufhalten wollte, nur wenn helfende Hände im Operationsbereich benötigt wurden, wurde ich gebeten an diesem Tag an der Operation teilzunehmen. Da es mir sehr viel Spaß macht und ich mich fast immer „steril machen“ und „mit an den Tisch“ durfte, hielt ich mich oft im Operationsbereich auf.
Ich war erster oder zweiter Assistent und durfte auch selbst Wunden zunähen oder mit Klammern verschließen. Die Assistenzärzte und auch die Oberärzte im Operationsbereich erklären mir sehr viel und geduldig und es herrschte von Seiten des gesamten Op- Personales (Ärzte, Schwestern, Op- Pfleger, Technische Mitarbeiter) eine sehr angenehme und positive Stimmung.
Neben den Op- Bereichen habe ich an unterschiedlichen Sprechstunden (Consultas) der Chirurgie teilgenommen. Der Fachbereich ist in drei Untergruppen (Secciones) eingeteilt: Endokrinologie, Bereich Gastrointestinaltrakt und Bereich Hepatobiliartrakt. Außerdem gibt es die so genannte „Quintanilla“, in deren Sprechstunde neue Patienten angesehen werden.
Ich ging mit auf Visite, die täglich mit einem Residenten und seinem zuständigen Oberarzt ausgeführt wird. Währenddessen habe ein breites Patientenspektrum gesehen und untersucht.
Die Notaufnahme „Urgencias“ wird jeweils von zwei Residenten und zwei Oberärzten „Adjuntos“ „de Guardia“(=36 Stunden Dienst) geleitet, dazu kommen häufig noch ein Resident der Familien- oder der Arbeitsmedizin.
Das Patientenspektrum ist ebenfalls sehr breit und besteht aus Patienten mit folgenden Krankheiten und Verletzungen: Schnittwunden, Verkehrsunfällen, thrombosierte Hämorrhoiden, Analfisteln, diverse Abszesse, Entzündungen, „akutes Abdomen“ und vielem mehr.
Der Bereich der Notaufnahme, für die die „Medicos de Guardia“ zuständig sind und die ich oft begleitet habe und mithelfen durfte, gliedert sich in Nivel 3= Consulta, Nivel 2= Patienten unter Beobachtung (leichtere oder mittelschwere Fälle, über deren stationärer Aufenthalt entschieden werden soll) und Nivel1 (Patienten, die monitorisiert werden müssen). Außerdem gibt es die „Box Vital“ in der Verkehrsunfälle angesehen und behandelt werden und in der schnelles Untersuchen und Handeln angesagt ist.
Außerdem werden die Allgemeinchirurgen auch bei chirurgischen Verletzungen von Kindern gerufen, auch wenn größere pädiatrische Operationen in einem anderen Krankenhaus durchgeführt werden, da es in meinem Lehrkrankenhaus keine Kinderchirurgie gibt. In der „Observación“ befinden sich Patienten, die zur Beobachtung über Nacht im Krankenhaus bleiben. Die Behandlung der Patienten in den unterschiedlichen „Niveles“ findet Fächerübergreifend in enger Zusammenarbeit mit allen Fachbereichen statt.

Des Weiteren wurden bisher viele Weiterbildungskurse nachmittags im Krankenhaus angeboten wie einen EKG- Kurs, Herz- Lungen- Wiederbelebung, Behandlung von Notfällen im Krankenhaus und ein Nähkurs.

Insgesamt hätte ich mir gewünscht, dass die Ärzte zu Anfang meines Praktikums bescheid wissen, dass ich von der Universität aus ein Tertial Chirurgie in ihrem Team absolviere und ich hätte mir von Seiten der Universität die Benennung eines zugeteilten Ansprechpartners gewünscht. (Ich habe den Studentenbeauftragten im Krankenhaus zufällig kennen gelernt, der über meine Ankunft nicht bescheid wusste).

4. Studentische Vergünstigungen, Transportmittel

In den Museen von Madrid gibt es oft Vergünstigungen, sonst benötigte ich meinen Studentenausweis kaum.
Fahrkarte: Abono mensual de Transporte.
Wird in einem Estanco /Tabakwarengeschäft ausgestellt, ein Ausweis zum Altersnachweis und ein Passfoto werden benötigt.
Für entsprechende Zone wird vor Ort ein Ausweis gegen eine kleine Gebühr ausgestellt. Monatskarten je nach Region vom 1. bis letzten Tag des Monats gültig, der Preis variiert nach Zone.

Handy/ Movíl
Movíl- Prepago 43€ mit 10 € Guthaben, Karte einzeln 30€ mit 10€ Guthaben in Telefonshop.

5. Sehenswürdigkeiten, Kurztrips Restaurants, Kneipen, Kinos, StudentInnenleben

Weiter Informationen zu meinem Aufenthalt in Madrid unter:
http://verenawoerner.blogspot.com/

6. Tatsächliche Anerkennung der Studienleistung

Zur Anerkennung meines Auslandtertials benötige ich die vorgefertigten Formblätter „Ausbildungsbescheinigung“ und „Statusbescheinigung“, die man im Landesprüfungsamt für Medizin in der jeweiligen Landessprache erhält. Zur Bearbeitung der Formulare fordert das ORI eine Bescheinigung von dem Ausbilder vor Ort im Krankenhaus. Da die tatsächliche Bearbeitung der Dokumente sehr lange dauert, ist zu empfehlen Dokumente früh einzureichen. Außerdem gibt es das „Learning Agreement“ und das „Erasmus Participation Certificate“. Mir wurde zugesagt, dass mir die Bescheinigungen, die ich zum Unterzeichnen abgegeben habe, per Post zugesendet würden (nach dem 20. Juli).

7. Finanzielle Aufwendungen

Die Lebenserhaltungskosten sind in Madrid vergleichbar mit Frankfurt. Die Wohnungspreise sind teurer. Ich habe pro Monat mit Internetanschluss, Waschmaschinenbenutzung, Fernseher und Freibadbenutzung (blockeigen ab Juni) 350€ monatlich bezahlt. Das Essen in der Krankenhauscafeteria hat 5,15€ pro Mittagsmenu gekostet (was ich zum Beispiel in meinem Heimatkrankenhaus gestellt bekam). Die Fahrkarte kostete mich monatlich 60 Euro (diese ist sonst im Semesterticket der Uni Frankfurt enthalten). Insgesamt habe ich also schon mehr ausgegeben als in Deutschland.

8. Kontakte zu netten Studenten


Da ich mich täglich bis Nachmittags oder bei Nachmittagskursen bis abends im Krankenhaus aufhielt, habe ich Kontakt zu den in meinem Fachbereich rotierenden Studenten und Studentinnen gefunden. Diese waren allerdings nur morgens einige Stunden im Krankenhaus und hatten nachmittags Vorbereitungskurse auf ihr Abschlussexamen „MIR“ in einer Akademie. Trotzdem haben wir an Wochenenden Zeit gefunden wegzugehen zum Beispiel in eine der vielen Bars im Zentrum oder ins Kino.
Außerdem sind die Assistenzärzte (Residentes) hier im Schnitt noch etwas jünger als in Deutschland, da sie ein Jahr früher als wir in Deutschland zu studieren anfangen. Im Ärzteteam der Residenten habe ich also ohne Probleme Anschluss gefunden und war, wenn es der Dienstplan zugelassen hat am Wochenende mit einigen im Schwimmbad oder etwas essen.
Ansonsten gibt es in verschiedenen Bars im Stadtzentrum Zeitungen für Besucher Madrids (z.B. „InMadrid“) in denen Sprachtandems, Sportkurse oder Studententreffen angeboten werden, die ich auch empfehlen kann. Außerdem kann man an verschiedenen Sportkursen in der Universität gegen eine Gebühr teilnehmen, wobei ich allerdings etwas zu spät im Semester kam, da meine Rotation erst am 28. März begonnen hat und der Universitätsbeginn in Madrid im Februar war.

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